Bláa Lónið (Blaue Lagune)
23. Juli 2009
Sachen packen, Haus aufräumen und säubern. Noch einmal versuchen, endlich das Pfeifen des Regenbrachvogels aufzunehmen. Es ist unser letzter Tag in Island in diesem Urlaub, am Nachmittag geht unsere Maschine nach Berlin. Wir beschließen, diesen Tag für etwas zu nutzen, von dem alle Reiseführer meinen, dass es unbedingt zu einem Islandurlaub gehören würde. Bláa Lónið, die Blaue Lagune ist zum Markenzeichen für das kühle Land im Norden geworden. Ein geothermisches Kraftwerk in der Nähe von Reykjavik pumpt Meerwasser tief in die Erde, um damit Strom für die Hauptstadt zu erzeugen. Übrig bleibt heißes, mineralhaltiges und blau funkelndes Wasser, dass für eine Entspannungsoase genutzt wird.
Uns bleiben nur zwei Stunden für die Entspannung. Viel zu wenig! Wir haben das Einpacken und die Anreise von unserem Ferienhaus ein wenig unterschätzt. Zum Glück sind es zum Flughafen KeflavÃk dann nur noch 20 Minuten. Vom für den Wochentag überraschend vollen Parkplatz führt ein schmaler, im Dunkeln beleuchteter Weg durch meterhohe schwarze Lava zum Eingang in die Blaue Lagune. Tritt man durch die Eingangstür umhüllt einen sogleich die typische Atmosphäre aus betriebsamer Entspannung und Kommerz. Rechts gibt es Souvenirs und Kosmetikartikel, links überrascht der Eintrittspreis von 23 Euro pro Person, egal, wie lange man bleibt. In der Umkleidekabine verstaut man seine sieben Sachen, drückt die Tür zu. Abgeschlossen wir, indem man den an der Rezeption erhaltenen Chip vor die Anzeige in der Nähe hält. Man duscht – dann steht man endlich vor der weltweit bekannten Lagune. Es weht ein frischer Wind. Das Wasser schimmert silbrigblau. Leicht fröstelnd steigen wir ins Wasser, das wir uns wärmer vorgestellt hatten. Unsere Erwartungen sind konditioniert vom Naturbad am Myvatn und von unserem Hot Pot auf der Terrasse des Ferienhauses. Dagegen ist die Blaue Lagune regelrecht kalt! Nichts zu merken von den angeblich 70 Grad, mit denen das Wasser das Kraftwerk verlässt. In der Hoffnung, dass es dort anders wäre, streben wir einem kleinem Steinkegel im Wasser zu, aus dem unablässig weißer Dampf hervorstößt. Tatsächlich ist es dort wärmer, aber nicht warm genug, um sich wohlig zu entspannen. Immerhin ist es warm genug, um sich in Ruhe umzusehen. Als erstes fallen die Leute auf, die ihr Gesicht mit einer weißen Paste eingeschmiert haben und so verstellt durchs blaue Wasser schweben. Geisterstunde. Am Rande des Beckens gibt es kleine Plastebottiche, aus denen man mit einer Kelle diese Paste schöpfen kann. Sie entstammt den Wässern, die auch die Blaue Lagune speisen, und sollen die Haut weich und samten und schön machen.
Wir blicken von unserem qualmenden Dampfvulkan zurück zu den Gebäuden der Lagune. Rechts gibt es Massagen, Dampfbad und Sauna sowie einen kleinen Wasserfall, von dem man sich herrlich den Rücken massieren lassen kann. Links gibt es inmitten der Wasserbecken eine kleine Bar. Direkt aus dem Wasser heraus kann man Cola und Wasser, aber auch Wein und Bier bestellen. Während im Wasser die Durstigen in Badekleidung trinken und schwatzen, ist die Bardame dick vermummt in warme Sachen. Über der ganzen Lagune liegt ein eigenartiger Zauber. Das geheimnisvolle Blau des Wassers und der schwarze Stein ringsum schaffen eine Atmosphäre, die weder durch Worte noch durch Fotos wirklich wiederzugeben ist. Man muss es erleben.
Wir lassen uns mal da, mal dorthin treiben, stoßen ab und zu auf eine angenehm warme Strömung im Wasser, gelegentlich zucken wir auch vor plötzlichen heißen Stellen zurück. Jedenfalls frieren wir nicht mehr, jedenfalls nicht, solange wir uns bewegen. Im Dampfbad, das in eine Höhle aus Lavagestein eingebaut ist, wärmen wir uns noch einmal richtig auf, bevor wir uns leider schon wieder anziehen müssen. Wenn man die Blaue Lagune verlassen will, muss man durch den Shop. Der erweist sich als teuer und überraschend gut. Es gibt kaum Kitsch, vieles haben wir sonst nirgends gesehen.
Auto voll tanken und abgeben, einchecken, das mitgebrachte Essen und Trinken verzehren, boarding. Die Zeit rast. Dann sitzen wir wieder im Flugzeug von Island Express und starten Richtung Meer. Entlang der Küste fliegend sehen wir noch einmal Gletscher und Flüsse, dann verschwindet Island unter den Wolken. Ich nutze die Zeit, um nachzuholen, was mir in den kühlen Wassern der Blauen Lagune nicht so recht gelingen wollte. Ich sinne nach, was alles man noch hätte machen können, machen müssen, in diesem seltsamen Land aus Feuer und Eis.
- Mal mit einem der hochgelegten Wagen, gegen die unser Allradgetriebener Suzuki wie ein Zwerg wirkte, am schwarzen Strand oder durch die Flüsse im Hochland fahren.
- Tatsächlich mal einen Buckelwal oder gar das größte der gegenwärtig lebenden Tiere, den Blauwal sehen.
- Stundenlang auf Lauer liegen und Vögel beobachten und fotografieren, und nicht nur so nebenbei.
- Überhaupt einmal zum Fotografieren hin, hauptsächlich zum Fotografieren.
- Die bunten Farben von Landmannalaugar durchwandern.
- Eine Tour durch das durchsichtig blau schimmernde Eis eines Gletschers machen.
- Die Menschen näher kennen lernen, die in dieser Natur leben. Ihren Alltag, ihre Sorgen und ihre Hoffnungen. Wie kommen sie mit der Krise zurecht?
- Am schönsten aber muss es sein, Island vom Rücken eines der zahlreichen, wunderschönen Pferde zu erleben.
- Und, und, und.
Wir haben sehr viel gesehen, sind wunderbar erholt, und tragen in uns die Sehnsucht nach einem Wiedersehen. Island Pro Travel hatte alles gut organisiert. Jetzt fliegen wir nach Hause. Der Körper wird bald dort sein, nur die Seele, die wird noch Tage brauchen, um nachzukommen.
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Andy
12. März 2011 @ 17:41
Einfach tolle Berichte. Ich war im Januar für 4 Tage auf Island und will auf jeden Fall noch einmal hin!
Gruß Andy
Andreas
16. Juli 2012 @ 14:22
Drei Jahre später sind auch wir zurück in Island: Stöng und Háifoss.
Island: Reykjavik und der Golden Circle - Kosmopolo
17. Mai 2016 @ 16:23
[…] Umweg führte mich zur unwirklich blau-milchig schimmernden „Blaue Lagune“ (Bláa Lónið). Den Eintritt in den Spa-Bereich sparte ich mir zwar aus zeitlichen […]