Im blauen Eis des Nigardsbreen


28. Juni 2016
Gestern waren wir am Nigardsbreen , einer Gletscherzunge des Jostedalsbreen angekommen. Von unserer Campinghütte aus haben wir einen direkten Blick auf den Gletscher. Früh um halb sechs liegt der Gletscher unter blassblauem Himmel. Zwei Stunden später sieht es trüb am Himmel aus. Es regnet sogar. Was wird aus dem für heute angekündigten sonnig-wolkigem Tag? Wir haben schließlich genau deswegen die Tour ins blaue Eis für heute gebucht…
Unterhalb des Nigardsbreen
Wir fahren die kurze Mautstrecke bis zum Parkplatz am Gletschersee Nigardsbrevatnet und mit dem Boot hin und zurück schon mal zum Gletscher. Vom Bootssteg sind es noch ca. 20 Minuten zu laufen. Dann liegt er majästetisch, scheinbar unbeweglich vor uns. Dennoch, seit unserem letzten Aufenthalt 2007 hat er sich mächtig verändert. Der Weg kommt uns länger vor. Die Gletscherhöhle kann man kaum noch einsehen. Ein großes Feld blauen Eises auf der rechten Seite von uns aus ist zusammengebrochen. Insgesamt wirkt der Gletscher blauer als wir ihn in Erinnerung haben.
Tatsächlich ist der Gletscher in ständiger Bewegung:
“Seit 1899 wird das Verhalten des Nigardsbreen beobachtet. Von 1899 bis 1972 zog sich der Gletscher um 2,4 km zurück. Seit Mitte der 1970er Jahre wurde jedoch eine Abnahme der Rückzugsgeschwindigkeit beobachtet. Von 1975 bis 1989 gab es nur minimale Änderungen in der Gletscherlänge. Von 1990 bis 2000 zeigte sich ein Vorstoßverhalten, der Gletscher wuchs um 250 m. Anschließend wurden wieder Rückzugsbewegungen verzeichnet. Von 2000 bis 2010 zog sich der Gletscher um etwa 100 m zurück, von 2010 bis 2016 um 250 m.” (Wikipedia)
Ich versuche mich mal an einer Panoramaaufnahme, auch wenn der Gletscher leider nicht in der Sonne liegt und das Blau nicht magisch schimmert.















Gletschertour auf den Nigardsbreen

Rechtzeitig zurück auf dem Parkplatz schließen wir uns der von uns gebuchten Tour ins blaue Eis auf dem Nigardsbreen an. Wir bekommen alle Eispickel. Spikes werden unseren Schuhen angepasst. Dann fahren wir gemeinsam mit dem Boot wieder zurück zum Gletscher.
Dieses Mal halten wir uns bei der Wanderung aber weiter links. Auf einer schwankenden Hängebrücke überqueren wir den Gletscherfluss. Dann stehen wir direkt am Eis.

Dort legen wir die Sicherheitsgurte um, legen die Steigeisen an und verbinden uns alle mit einem Seil. Unser Gletscherführer, der aus Lateinamerika kommt, gibt uns letzte Instruktionen für das Verhalten auf dem Gletscher. Dann geht es hoch. Schritt für Schritt. Langsam, immer fest auftretend. Schnell gewinnen wir an Höhe.
Bald geht es durch den schönsten Abschnitt unserer dreistündigen Tour auf dem Eis.














Blaues Eis satt
Wir gehen direkt durch Spalten blauen Eises, sehen andere blaue Spalten, Löcher, Höhlen, Eisrinnen unmittelbar neben uns. Die Farbe des Eises hat eine magische Ausstrahlung. Es ist ein so klares, reines Blau. Nur bei Lufteinschlüssen ist das Gletschereis weis, also vor allem an der Oberfläche. Auf der Oberfläche ist es wie verharrscht und vom Staub der umliegenden Berge teilweise schmutzig. Aber wo immer es reist, sieht man das darunter liegende blaue Eis. Als dann kommt plötzlich auch noch die Sonne hervor und lässt das Blau geradezu unwirklich erstrahlen. Wie sollte man sich daran je satt sehen? Am liebsten würde ich alle zwei Schritte „Stopp“ rufen, „Picture“. Aber das geht natürlich nicht, wenn man in einer Gruppe angeleint klettert. Aber alleine sollte man sich nicht auf den Gletscher wagen.
Einfach nur schön. Wir können nicht genug bekommen, entsprechend viele Fotos sind es:
























Wer wissen will, warum das Eis so wunderbar blau leuchtet, der findet eine Erklärung in der Welt der Physik.
Auf dem Gletscher Nigardsbreen

Nach dem das blaue Eis durchstiegen ist, geht es auf dem vereisten weißen Eis weiter hinauf. Viel höher als bei unserer ersten, einige Jahre zurückliegenden und bisher letzten Tour auf einen Gletscher, ebenfalls hier am Nigardsbreen. Rechts neben uns durchziehen viele Spalten den Gletscher, die ihn insbesondere im Winter so gefährlich machen, wenn diese im Schnee nicht mehr auszumachen sind. Von unserem höchsten Punkt können wir gut den nächsten Schwenk der Gletscherzunge sehen. Darüber erhebt sich die weiße Kuppel des Jostedalbreens, des größten Gletschers Norwegens. 500 Meter dick soll die Eisschicht sein.
Oben angekommen machen wir 15 Minuten Rast, essen und trinken die selbst mitgebrachten Sachen. Ich probiere das an einem kleinen Bach auf dem Gletscher dessen Wasser. Den Eispickel hacke ich so ins Eis, dass er flach darauf liebt. Dann kann ich auf dem Pickel eine Art Liegestütze machen und so problemlos trinken.
Vor allem aber machen wir Fotos, Fotos, Fotos.









Die Tour runter ist genau so schön. Plötzlich blicken wir mitten im weißen Eisfeld auf eine riesige Höhle blauen Eises, die erst im letzten Jahr entstanden sein soll. Oder wir bewundern einen Wasserfall im Gletschereis. Und immer wieder das magische Blau, das einen nicht loslassen will.














Nach dieser unglaublich schönen Tour verlassen wir den Nigardsbreen und biegen nicht nach rechts fjordwärts ein, sondern nach links zu einem weiteren Gletscher.
[wpmaps]
Aufrufe: 374