Rund um den Schwielochsee
31. Juli 2010
Wir kennen den größten See Brandenburgs, den Schwielochsee schon seit langer Zeit. Mit dem Rad umfahren haben wir ihn noch nie. Das wollen wir jetzt nachholen und brechen im größten Ort am Schwielochsee auf, in Goyatz.
Aufbruch um den Schwielochsee in Goyatz
Goyatz spricht man übrigens so ähnlich wie Geuj-atz, und nicht Go-jatz, wie es viele Auswärtige tun.
Bevor es wirklich losgeht fahren wir noch zum Restaurant Hafenterrassen, das zwar noch nicht geöffnet hat, dessen Wirtsleute uns aber trotzdem einen Blick von ihren idyllisch gelegenen Terrassen auf den kleinen Schwielochee erlauben, hinüber zum Jesserner Strand und vor allem auf den idyllisch gelegenen Goyatzer Jachthafen. Dieser gehörte zu DDR-Zeiten der Gesellschaft für Sport und Technik, und so sprechen die Einheimischen noch immer von der GST. Geht man noch weiter in der Geschichte zurück, so erfährt man, dass die Hafenterrassen tatsächlich einen Hafen begrenzten. Das Restaurant war der Speicher. Hier endete die Kleinbahn aus der Textilstadt Cottbus, und die Waren konnten bequem auf dem Seeweg weiter gebracht werden.
In Jessern
Doch nun endlich rund um den See. Wir fahren in entgegengesetzter Uhrzeigerrichtung. Zunächst müssen wir ein Stück Straße fahren, sogar länger als vermutet. Der frühere Weg, der jahrzehntelang gleich am Ortsausgang von Goyatz zum See führte, ist heute gesperrt. In der neuen Zeit schließt der Besitzer des zu überquerenden Geländes die Tore. Heute muss man sein Eigentum eingrenzen. Mit einem kleinen Umweg erreichen wir das Ufer dennoch. In schneller Fahrt rollen wir den abschüssigen Weg zum See hinunter und halten erst einmal an. Jetzt fotografieren wir in umgekehrte Richtung, von Jessern aus die Hafenterrassen.
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Schließlich fahren wir weiter zum Sandstrand, der mir kleiner als früher vorkommt. Auch der 3-Meter-Turm ist längst verschwunden. Dafür gibt es eine größere Rutsche als früher, die aber nicht mehr im See endet. Na ja, der Fortschritt halt. Wir folgen von hier aus bis zum Wendepunkt unserer Tour dem ausgeschilderten Wanderweg – und nicht dem Radweg. Der führt nämlich weitgehend auf den Landstraßen entlang. Wer mit holprigen Fahrten über die Wurzeln der Kiefern und anderer Bäume sowie mit dem weichen Grund der Wiesen leben kann, der sollte es unbedingt wie wir machen. Der Wanderweg führt nämlich meist direkt am See entlang, und das ist allemal spannender als die kleinen Dörfer, in denen es sich vermutlich gut leben lässt, die aber wenig Spannung versprechen.
Unser Weg wird uns an unzähligen Bungalows und kleinen, manchmal auch großen, sogar sehr großen Häusern vorbeiführen. Mit Seeblick, aber für alle freiem Ufer. Viele der kleinen Häuschen sind gut in Schuß, einige sind aufwendig renoviert, doch fast allen merkt man ihre Entstehung in der DDR an. Sie versprühen noch immer diesen etwas kleinbürgerlich-drögen, unaufdringlich-liebevollen Charme. Allerdings sind auch ihre Besitzer meist in die Jahre gekommen, was sich für das Naherholungsgebiet Schwielochsee noch dramatisch auswirken könnte.
Direkt hinter Jessern fahren wir vor zur schilfumwachsenen Halbinsel Splau, deren Spitze einem leider versperrt bleibt. Welch ein Gewinn für die Gegend wäre es, wenn von hieraus eine kleine Fähre über den sogenannten Hals, die Verbindung zwischen Kleinem und Großem Schwielochsee, zurück nach Goyatz führen würde. In einer Familientour ließe sich so der Kleine Schwielochsee bequem umrunden. Noch zu Jessern gehört der Babenberg, der auch früher schon voll mit privaten und betrieblichen Ferienobjekte bebaut war. Das größte Objekt, das ehemalige Ferienlager des Rat des Bezirkes hat eine neue Zukunft als Heimstatt für schwierige Jugendliche gefunden, andere fanden freundliche private Hände, einige wenige rotten vor sich hin und stehen zum Verkauf. Vor dem Babenberg liegen zwei Inseln, die kleinere Grosch und die größere Nachtigalleninsel, die offenbar noch immer ein Anziehungspunkt sind. Durch eine kleine Furt kann man die größere der Inseln zu Fuß, wenn auch nicht trocken erreichen.
Wochenendsiedlung Pieskow
Hinter Jessern überqueren wir das Doberburger Mühlenfließ. Da, wo das Fließ auf den See trifft, liegen einige größere Yachten vor Anker. Das Nordufer ist ein Campingplatz für den Yachtklub. Das Ambiente macht einen idyllischen Eindruck, vermutlich würde es uns jedoch schnell langweilig werden. Das Dorf Pieskow lassen wir rechts liegen. Wir bleiben am Ufer des Schwielochsees, der jetzt der Große heißt. Bungalow reiht sich an Datsche, viele Ufer sind liebevoll gepflegt. Bei der Wochenendsiedlung Pieskow machen wir eine kurze Rast und beobachten die ankernden Boote ebenso wie die Schmetterlinge.
Danach geht der Weg durch einen dunkel anmutenden Wald. Der Weg ist eng. Brennnessel stehen am Wegesrand. Jetzt wäre es mitunter gut, lange Hosen anzuhaben. Immer wieder kann man Abstecher zum See machen. Leider ist dessen Wasser trüb und grün und wenig zum Bade einladend. Manche lästern, es wäre eben ein Schweineloch. Der Sage nach soll eine Wildsau die Quelle freigelegt haben.
Durch Niewisch, Möllen, Sarkow
In Niewisch müssen wir das Ufer verlassen. Auch wenn die Gaststätte einladend aussieht, fahren wir weiter über Möllen in Richtung Friedland. Doch schon kurz hinter Möllen verlassen wir die Straße wieder. In einem mit Grüntönen überquellenden Tal überqueren wir ein Fließ, über das die kleine hölzerne Eulenbrücke führt. Bei Sarkow erreichen wir wieder das Seeufer. Vom Gröschke Turm hat man eine wunderbare Aussicht auf den Schwielochsee. Im folgenden Ort und Campingplatz Glowe scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. In einem kleinen Imbissunterstand hängt eine FDJ-Fahne. Ob sich darauf der Name „Blaue Lagune“ bezieht? Auch im örtlichen Café hat sich nicht viel geändert. Nur die Autos sind heute andere als vor zwanzig Jahren.
In Leißnitz mit der Fähre über den Schwielochsee
Auf den Glower See folgt der Leißnitzsee, der im Ort Leißnitz in die Spree übergeht. Die fließt von hier nach Beeskow und dann weiter nach Berlin. In Leißnitz kann man mit einer kleinen, handbetriebenen Fähre übersetzen. Die Fähre ist so klein, dass wir sie anfangs am anderen Ufer übersehen. Erst als sie ablegt, um uns zu holen, bemerken wir sie. Zehn Leute passen auf das kleine Gefährt. Bei Regen, Wind und Schnee fährt sie nicht. Alle anderen Boote haben außerdem Vorfahrt. Wir aber sind dankbar, hier auf so originelle Weise übersetzen zu können. Es ist auch schon spät geworden, später als wir geplant hatten. Das Fotografieren und die holprigen Wege fordern ihren Tribut.
Rast in Ranzig
Trotz der späten Zeit machen wir noch einen kleinen Abstecher nach Ranzig, in dessen Café wir uns stärken. Ab Ranzig sputen wir uns und verzichten deshalb darauf, weiter dem Wanderweg zu folgen. Die Brücke in Trebatsch wird erneuert und soll auch für Radfahrer nicht passierbar sein. Das hatte uns ein Gast im Café in Ranzig versichert. Wir müssten also einen Umweg von ca. 10 Kilometer über Briescht nehmen. Zum Glück befragen wir noch einmal entgegenkommende Radfahrer. Die Brücke ist doch für Radfahrer passierbar.
Trebatsch und Sawall Geburtsort von Ludwig Leichhardt
Dennoch, inzwischen ist es so spät, dass wir keinen Stop in Trebatsch machen, obwohl sich das bestimmt lohnen würde. In Trebatsch bzw. im Nachbarort Sabrodt wurde der große und bis heute hoch verehrte Australienforscher Ludwig Leichhardt geboren. Ein Museum erinnert an ihn. Außerdem gibt es einen Strand, Wanderhütten und noch so allerhand, die seinen Namen tragen.
In Sawall wollen wir eigentlich wieder auf den Wanderweg, doch einige Urlauber warnen uns, der Weg an der Spree entlang, die bald in die Schwielochsee fließt, wäre ziemlich sandig. Darauf haben wir keine Lust mehr. Erst am Zeltplatz Zaue fahren wir wieder ans Ufer zurück.
Alte Kirche in Zaue
Der Campingplatz macht einen vollen Eindruck. In Zaue fahren wir unbedingt noch zum Friedhof, um uns die aus dem 13. Jahrhundert stammende Wehrkirche anzusehen. In dem alten, düsteren Gemäuer kann man sich geradezu plastisch vorstellen, wie die verängstigten Bauern hier Schutz gesucht haben. Heute fasziniert vor allem diese Geschichte und die robuste Schönheit des Kirchleins. Zurück am See folgen wir dem Radweg über die gerade aufwendig erneuerte Brücke über das Ressener Fließ. Leider führt der Weg heute nicht mehr über das Werdl, die der Halbinsel Splau gegenüberliegende Uferseite. Den durchaus lohnenden Abstecher dorthin sparen wir uns aus Zeitgründen.
Vorbei am Boscheberg fahren wir zurück ins Dorf Goyatz. Dessen ehemaliger Bahnhof beherbergte noch vor kurzem ein kleines historisches Museum, das inzwischen der Touristeninformation weichen musste. In der beginnenden Abenddämmerung beobachten wir noch einen Rehbock und eine Ricke. Den Abend selbst verbringen wir auf der Hafenterrasse, deren Gastronomie mit einigen kulinarischen Überraschungen aufwartet.
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Views: 2003
Judith
21. Januar 2011 @ 14:11
Ich wusste gar nicht du bist auch unter die Bestäubungsbiologen gegangen und machst Bestäuberbeobachtungen … Tolle Aufnahmen!