Vík í Mýrdal, Jökulsárlón und Skógafoss – Teil 1



20. Juli 2009
Island muss man entweder erwandern oder mit dem Rad erfahren und so alle Eindrücke intensiv aufnehmen und verarbeiten, oder man ist mit dem Auto unterwegs und kann in derselben Zeit mehr erleben. Das heißt aber auch weite Touren. Wir versuchen immer eine Mischung hinzubekommen. Heute aber steht die weite Tour an. Die Insel ist die Kombination aus Feuer und Eis. Eis aber haben wir bisher nur aus der Ferne gesehen. Deshalb fahren wir jetzt zu Islands berühmtesten Eissee, den Jökulsárlón. Auf dem Weg liegen noch wenigstens zwei weitere grandiose Sehenswürdigkeiten. Der südlichste Zipfel Islands bei Vík í Mýrdal und der gleicheremaßen beeindruckende und schöne Wasserfall Skógafoss. Hin und zurück sind es fast 800 km. Mit allen Fotostopps und zwei längeren Aufenthalten kommen für uns sechzehn Stunden zusammen. Aber wer weiß, wann man wieder herkommt …









Recht bald biegen wir auf die Ringstraße, ab dann bleiben wir endlose Zeiten auf diesem Teerband entlang der Südküste Islands. Die Kulisse ist immer beindruckend. Auf der nördlichen Seite begleiten uns nacheinander drei Gletscher, der Eyjafjallajökull und der Mýrdalsjökull, am Ende der größte Gletscher Europas, der Vatnajökull. Die Hänge davor strahlen in der Sonne im leuchtend frischen Grün der Gräser und Moose. Die Felsen schimmern grau, braun oder einfach nur dunkel. Um die Strecke ein wenig zu unterteilen fahren wir kurz vor Vík í Mýrdal auf einer kurzen Schotterstraße an den südlichsten Punkt Islands.
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Die Natur hat dort eine Kulisse aufgebaut, die sich die Naturmaler der Romantik kaum besser hätten ausdenken können. Die Brandung hat die Felsen westlich von unserem Aussichtspunkt ausgehöhlt und ein riesiges Tor für das Meer geschaffen. Weiter im Atlantik ragen weitere Felsen steil heraus. Vor allem ein rechteckiger Monolith zieht die Blicke immer wieder auf sich. In östlicher Richtung ragen die felsigen Spitzen vor Vík 66 Meter aus dem Meer heraus. Im Gegenlicht der Sonne heben sich ihre Silhouetten dunstig und milchig hervor, so als verbürge sie ein Geheimnis. Wir verbringen viel Zeit, viel mehr Zeit an diesem herrlichen Flecken Erde als ursprünglich eingeplant.
Dazu trägt auch ein Papageientaucher bei. Auf einer nahe gelegenen Klippe posiert er – oder sie – für uns Fotografen. Mal rechts herum, dann wieder nach links. Schließlich frontal, ganz als wollte er sagen, schaut mal, was für einen feinen weißen Bauch ich habe – und wieviele Fische. Wendt er uns doch einmal den Rücken zu, schaut er kokett über die schwarzen Federn zu uns Bewunderern. Wir sollen seinen auffallenden, namengebenden bunten Schnabel würdigen, in dem dekorativ fünf kleine Fischlein silbrig in der Sonne glänzen. Stolz hüpft er auf seinem Schaufelsen hin und her. Wenn unsere Aufmerksamkeit doch einmal erlahmt, weiß er diese mit ein wenig Flügelflattern sofort wieder zu gewinnen. Unser Zeitplan ist aus dem Ruder. Trotzdem machen wir in Vík noch einen weiteren kleinen Stopp. Zunächst reizen uns die berühmten Zacken im Meer, dann stehen wir fasziniert auf feinstem Ostseesand. Nur dass dieser Sand nicht weiß, sondern schwarz ist. Man stelle sich die Steilküste von Rügen mit tiefschwarzem Strand vor.











































Island ist weit. Die Ringstraße nicht nur als Ring unendlich, auch viele Teilstrecken kommen demjenigen endlos vor, der darauf Minute um Minute, Stunde um Stunde dahinrollt. Der Blick geht weit in die Ferne, oft genug vergeblich einen Haltepunkt suchend. Mal rollt man auf schnurgeraden Straßen an riesigen Lupinenfeldern vorbei, deren Blütezeit leider schon fast vorbei ist. Nur vereinzelt leuchtet es noch lilablau mit weißen Spitzen aus den tiefgrünen Feldern. Übergangslos ist die Ebene rechts und links von uns wie die Straße gefärbt. Schwarzgraue Sande erstrecken sich bis zum Horizont. Nur die gelben Stäbe der Straßenbegrenzung bieten dem Auge halt. Unendlich lange Minuten später ist die Landschaft anders skurril. Große Lavabrocken sind mit trockenem Moos überwuchert. Das Ganze sieht aus wie ein buckeliger Teppich, ein Teppich bis dorthin, wo er an den Himmel stößt. Am eindruckvollsten aber sind die schwarzen Sande mit den Gletscherflüssen. Man ahnt die Kraft des Wassers schon bevor man vor der Schautafel steht, auf der von einem besonders dramatischem Ereignis erzählt wird. Als 1996 unter dem Gletscher ein Vulkan ausbricht, das Eis unterirdisch zum schmelzen bringt, ergießt sich ein gigantischer Strom ins Meer, der nicht nur Sande, sondern stattliche Felsen mit sich trägt. Die größte Brücke in diesem Teil der Ringstraße wird zerstört, die Lebensader des Landes zerschnitten. Heute kann man die verbogenen zentimeterstarken Doppel-T-Profile der Brücke als Denkmal bewundern.





Hinter all diesen Ebenen leuchtet ein ums andere Mal ein Gletscher auf. Eine weiße Kuppel umspannt die Felsen. Meist von der Vulkanasche schmutzige Gletscherzungen blecken in die Täler hinab und ergeben von der Ringstraße aus eine unterhaltsame Abwechselung auf der langen Fahrt. Mitunter kann man gleich zwei, drei dieser Zungen auf einmal sehen, gelegentlich sind sogar die blauen Spalten des aufbrechenden Eises sichtbar. Kaum verschwindet eine Zunge im Rückspiegel taucht die nächste vorn auf. Als wir kurz vor unserem Ziel eine doppelte Gletscherzunge strahlend weiß in der Sonne blitzen sehen, biegen wir auf die Straße ein, die uns dorthin führt. Schöner kann es an diesem Tag nicht mehr werden. Ohne viele Touristen kann man den makellosen Gletscher des Vatnajökull und den See Fjalllsárlón genießen. In unzähligen Spalten ist der Gletscher bei seiner Bewegung hangabwärts aufgerissen, das typische Gletscherblau mischt sich in das blendende Weiß. Der Gletscher bricht an dem vor ihm liegenden Gletschersee plötzlich ab, eine lange Front zerklüfteten Eises ragt vom See auf. In dem See schwimmen zahlreiche Eisbrocken. Manche leuchten geheimnisvoll in reinstem Blau, andere sind von Asche schwarz gefärbt, andere mischen beide Effekte zu einem marmornen Kunstwerk. Wäre der Wind nicht so stark, hätten wir uns davon nie wieder losgerissen. So sitzen wir noch im Auto, essen die mitgebrachten Brote und genießen den Gletscherblick.




























Fortsetzung siehe Teil 2.
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