Von Stavanger nach Lysebotn
20.6.2016
Wir stehen um 5:30 Uhr auf. Pünktlich gegen 6:30 Uhr gehören wir zu den ersten, die unser Schiff, die MS Stavangerfjord von der Reederei Fjord Line, in Stavanger verlassen können. Norwegen empfängt uns in trüber und regnerischer Stimmung – und zu unserer Ãœberraschung gar nicht in Stavanger.
Auf Bäckersuche in Stavanger
Als erstes fahren wir rein nach Stavanger, auch wenn die Stadt nicht unser eigentliches Ziel ist. Wir suchen nach einer Bakeri (Bäckerei), in der wir Kaffee und etwas zu essen zu bekommen hoffen. Vielleicht sogar Zimtschnecken. Das erweist sich als schwieriger als vermutet. So zeitig hat noch nichts auf. Also bummeln wir um den See Breiavatnet und die Domkirche ins Zentrum und an den Hafen. Am Breiavatnet entdecken wir ein Denkmal mit einem Ziegenbock. Das Denkmal hat diese Inschrift:
DEDICATED TO THE MEN AND WOMEN OF NORWEGIAN BLOOD WHO HAVE CONTRIBUTED TO THE BUILDING OF AMERICA.
(Gewidmet den Männern und Frauen norwegischen Bluts, die zum Aufbau von Amerika beigetragen haben.)
Im Hafen liegen zwei große Kreuzfahrtschiffe. Endlich finden wir einen offenen Ökobäcker. Der Kaffee schmeckt. Die Rundstykke (Brötchen) bekommt man nach Wunsch belegt, von Marmelade bis Lachs. Wir sind glücklich.
Gamle Stavanger (altes Stavanger)
So gestärkt entdecken wir Gamle Stavanger oberhalb des Hafens, eine idyllisch anzusehende Holzhaussiedlung mit weißen Fassaden. Das Gebiet besteht zum größten Teil aus restaurierten Gebäude aus Holz, die im 18. Jahrhundert und zu Beginn des 19. Jahrhunderts gebaut wurden. Die Häuser ganz in weiß strahlen Ruhe und Eleganz aus. Kaum zu glauben, dass diese Häuser nach dem 2. Weltkrieg abgerissen werden sollten. Es ist wohl nur dem Stadtarchitekten Einar Hedén (1916-2001) zu verdanken, dass wir heute diese Häuser statt moderner Bauten besichtigen können.
Die beiden großen Kreuzfahrtschiffe gleich nebenan bietet reizvolle Fotomotive mit dem Kontrast zwischen den weißen Holzhäuschen auf dem Hügel und den sie trotzdem überragenden Schiffen im Hintergrund. Kleine Rosengärten mit Sitzgruppe verstärken den Kontrast des alten Viertels zu den modernistischen Glasfassaden der Kreuzfahrtschiffe. Doch der Nachteil ist, dass diese Riesenschiffe nicht enden wollende Mengen an Menschen ausspucken, die zur gleichen Zeit das Viertel besichtigen wollen wie wir. Außerdem regnet es, was das Fotografieren zusätzlich erschwert.
Garnelenessen am Hafen von Stavanger
Endlich, um 10 Uhr macht direkt am Markt Stavangers größte Fischtheke auf. Dort soll es laut Reiseführer frisch gefangene Reker (Garnelen) geben. Soll es tatsächlich, gibt es aber nicht. Wegen eines Strandvolleyballsfestes sind Teile des Hafenbeckens gesperrt, so dass der Fahrer, der die Kisten anliefern soll, länger als geplant benötigt. Doch wir warten. Reker essen ist eine norwegische Spzialität, die zumindest ich sehr mag. Als sie endlich da sind, kaufen wir uns eine große Schippe voll, die wir zum größeren Teil direkt im Hafen verzehren, wenn auch das Auspulen im Regen weniger Spaß macht. Trotzdem: Lecker.
Sverd i Fjell (Schwerter im Felsen)
In der Touristen-Information holen wir uns noch schnell ein paar Informationen über unsere ersten Ziele. Auf dem Weg zu diesen wollen wir uns noch eine kleine Sehenswürdigkeit im Großraum von Stavanger ansehen: Sverd i Fjell (Schwerter im Felsen). In der Info hatten wir eine Adresse bekommen, die wir ins Navi eingeben sollen. Das geht aber nicht, da unser Navi diese Adresse nicht kennt. Also greifen wir zu den ganz traditionellen Mitteln: Beifahrer und Karte. So finden wir die Schwerter in der Bucht Møllebukta in Hafrsfjord, obwohl sie kaum ausgeschildert sind.
Leider können wir sie im jetzt heftiger gewordenen Regen kaum besichtigen oder gar in Ruhe fotografieren. Trotz ihrer Größe wirken die drei Schwerter gleichzeitig unscheinbar auf dem Felsen am Fjord. Das 1983 errichtete Denkmal von Fritz Røed erinnert an die Schlacht im Hafrsfjord im Jahre 872, als Harald Schönhaar (Harald Hårfagre) seine Konkurrenten besiegte und den Grundstein zur Vereinigung Norwegens legte. Es ist eines der besseren Kriegsdenkmäler: Die Schwerter stecken im Felsen, auf das sie nie mehr verwendet werden können.
Nach Lysebotn
Schließlich machen wir uns auf den Weg nach Lysebotn zum Kjerag. Die Fahrt auf der vielbefahrenen E 39 ist weniger schön. Aber als wir endlich auf die E 45 einbiegen, wird die Straße ruhiger und gleichzeitig Norwegen schöner. Erst geht es durch fast liebliche, dann durch wilde Täler. Schließlich führt uns der Weg allmählich hinauf bis 935 Meter und dann wieder in 27 Kehren – eine davon mitten im Felsen – hinab auf den Meeresspiegel. Ganz oben liegt noch Schnee. Unten am Lysefjord ist es angenehm warm. Nur der Regen, der ist oben wie unten gleich. So wissen wir noch nicht, ob wir morgen den Aufstieg auf den Kjerag wagen können. Lysebotn selbst ist trotz der Felswände und des Fjordes wenig attraktiv. Wegen der Arbeiten an einem Kraftwerk gleicht die Situation ein wenig dem Camping im Industriepark.
Das Gebäude, in dem wir übernachten, dient vor allem Basejumpern als Station. Einige haben ihren Sprung vom einen Kilometer hohem Kjerag schon hinter sich. Andere wollen es morgen wagen. Uns gruselt schon bei dem Gedanken. Aber hoch auf den Kjerag und zum Kjeragbolten wollen wir schon.
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