Zum Ötzlsee bei Hüttschlag

15. Juni 2011
Viel Auswahl haben wir heute nicht. Im Tal ist nicht viel zu sehen, und in den Bergen sieht man nichts. Die Wolken hängen tief. Nach der gestrigen Fahrt zur Eisriesenwelt wollen wir nicht wieder so weit fahren. So fahren wir zum Talende hinter Hüttschlag bis zum Talwirt. Dort stellen wir das Auto ab und spazieren zum Ötzlsee. Aus der angegebenen Wanderzeit von 40 Minuten werden hinzu die doppelte Zeit und zurückzu die halbe. Hinzu ergeben sich erstaunlich viele Fotomotive. Zum Beispiel der Kreealmwasserfall. Sicher keiner der Giganten dieser Welt – trotzdem schön.
Seehof in Roter Zone
Mich beeindruckt insbesondere der Seehof, ein verlassener und verfallender alter Hof, dessen Besitzer sich offenbar über die österreichische Bürokratie ärgern. Auf einem Schild kann man lesen:
ROTE ZONE ! ? !
Das Seegut ist eines der ältesten Bauerngehöfte des Großarltales. Die Besitzer wollten diese historische, heimatkundliche Besonderheit instandsetzen, einrichten, die alte Rauchkuchl zu einem Aufenthaltsraum ausgestalten und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dies wurde von der „Wildbach- und Lawinenverbauung“ verhindert. Die Begründung: Das uralte Bauernlehen stehe im Vermurungsgebiet und sei deshalb „Rote Zone“.
Alle, die diesen Grund betreten, werden daher vor lebensgefährlichen Muren, die diesen uralten Pongauer Paarhof und die unmittelbare Umgebung bedrohen, besonders gewarnt. Übrigens berichtet keine Chronik von einer Vermurung und Verwüstung des Seegutes, auch die mündliche Überlieferung schweigt. Die Erbauer wußten die sicheren Bauplätze im wilden Gebirgstal sehr wohl.
Die Gutsbesitzer















Am Ötzlsee bei Hüttschlag
Auch sonst lässt sich auf diesem ebenen Spaziergang viel lernen. Immer wieder informieren kleine Schilder über Aspekte des Tales. Der kleine See führt ganz klares Wasser. Auf einem der vielen Schilder steht als natürlicher Grund zu lesen:
Der Taltrog ist durch riesige Blockstürze teilweise verlegt, sodaß sich die Wasser einen unterirdischen Verlauf suchen müssen und daher besonders klares Wasser in den Talschluß gelangt.
Am Grund des Sees sieht man Forellen stehen. Am Ufer stehen Angler.
An anderer Stelle kann man über den Talschlusses, der eigentlich ein verlandeter See ist, lesen:
Dieser Feuchtbiotop beherbergt eine Fülle seltener Pflanzen, den fleischfressenden Sonnentau ebenso wie den Fieberklee, eine Enzianart. Im Frühjahr leuchten die Knabenkräuter mit ihren purpurnen Orchideenblüten aus den feuchten Wiesen. Für die Bergfrösche ist es eine der letzten Zufluchtstätten zum Laichen.
Es wird jedoch auch auf die Verluste in der Natur dieses Tales hingewiesen:
Im vorigen Jahrhundert schraubten sich in den Aufwinden noch die Bart- oder Lämmergeier (der Name besteht vollkommen zu Unrecht) in schwindelerregende Höhen, der Steinbock war noch der stolze Beherrscher der Felsen, im Seegrund jagte noch der Fischotter die Forellen, der Luchs lauerte noch auf allerhand Kleinwild und der Braunbär war der Beherrscher der Wildnis.
Den Menschen galten vor allem die Raubtiere als Konkurrenten. Der letzte Bär soll übrigens 1829 in der Aigenalm erlegt worden sein.





















Zur Jause beim Talwirt
Auf dem Rückweg müssen wir uns beeilen. Wir sind mit Freunden im Talwirt auf eine Jause verabredet. Der Talwirt ist eine urige, empfehlenswerte Kneipe am Ende des Tales. Ungeachtet unserer Eile entdecken wir auf dem Rückweg ein Wildgehege, das uns auf dem Hinweg aus irgend einem unerklärlichen Grund entgangen war.


Entspannung beim Lammwirt
Den trüben Nachmittag nutzen wir für die Sauna beim Lammwirt. Nach jedem Saunagang sitzen wir in den Liegestühlen im Freien und sehen den Wolken zu, wie sie langsam die Hänge talwärts herabrutschen. Das Grün der Wiesen ist kräftig, schimmert nass in unterschiedlichen Schattierungen – und wirkt wundersam entspannend auf das Gemüt.
Abends nach dem Abendbrot spielt der alte Rohrmoser, der Vater des jetzigen Lammwirts, auf seinem Akkordeon volkstümliche Weisen. Einer der Gäste untermalt die Melodien mit der Ratsche. Die Ratsche sind kleine Holzbretter, die an einem Lederstreifen befestigt sind. Durch das Hin- und Herbewegen des Lederriemens klatschen die Holzbrettchen in hellem Ton aufeinander.
Ich bin eigentlich kein Freund von Volksmusik, um es mal vorsichtig auszudrücken, aber an diesem Abend kann ich wie beim Almbesuch vor ein paar Tagen nur sagen: Wo’s paaasst, da paaasst’s. Die Leute schunkeln und singen mit. Am Ende demonstriert uns der alte Herr noch, wie man mit einem Holzbesen und einem Holzlöffel aus der Küche Musik machen kann. Er erzeugt dabei genau drei verschiedene Töne, die er für seine Musik nutzen kann.
Morgen wollen wir zum Schuhflicker wandern. Ob das Wetter mitspielt?
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