Þórsmörk, Eyjafjallajökull und Mýrdalsjökull sowie Fimmvörðuháls mit Magni und Móði


3. Juli 2012
Nach dem gestrigen entspannten Tripp auf den Vogelfelsen Reynisfjall bei Vík í Mýrdal starten wir heute das Abenteuer dieses Urlaubs schlechthin. Wir haben Glück. Es ist bewölkt. Damit fließt nicht so viel Wasser aus den Gletschern die Krossá hinab, die wir heute ein paar Mal queren wollen. Später kommt das Glück hinzu, dass unsere eigentlich geplante Wanderung nicht mehr möglich ist. Der Ausbruch des Eyjafjallajökull im Jahr 2010 hat offenbar unser Wanderbuch veralten lassen. Aber der Reihe nach.
Durch zahlreiche Furten nach Porsmörk
Wir stehen heute früher als sonst auf, um in das gegenwärtig angesagteste Wandergebiet der Isländer zu fahren, nach Þórsmörk (auch Thorsmörk, isl. Wald des Thor). Hier führt der berühmte Wanderweg Laugavegur vorbei, dessen Beginn wir in Landmannalaugar gewandert sind. Dazu ist die Krossá, ein Nebenfluss der Markarfljót, über ein Dutzend Mal zu furten. In einem Wanderführer heißt es dazu:
Die Schotterstraße in das Pórsmörk ist an sich einfach zu befahren, wenn da nicht die vielen tiefen und schnell fließenden Gletscherflüsse wären, die gefurtet werden müssen. Besonders gefährlich und tief können die Furten durch die Jökulsá (Km 17), den Abfluss des Gletschersees vom Gígjökull, die Steinholtsá (Km 19,5), die Hvanná (KM 24) und die Krossà (KM 29) sein … Auch bei Trockenheit endet die Fahrt für einen normalen Pkw spätestens am Lónið, dem Gletschersee des Gígjökull. Der weitere Weg ins Pórsmörk bleibt großen und schweren Geländewagen vorbehalten.
Barbara c. Titz und Jörg-Thomas Titz: Island, Färöer-Inseln. Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH, 2008, S. 533
In anderen Büchern kann man lesen, dass man gleich generell auf Fahrten mit einem eigenen Auto verzichten und statt dessen einen der Hochlandbusse nehmen solle. Leider sind die Fahrtzeiten jedoch für Tagestouren ungeeignet. Wie so ein Furten aussehen, und dass selbst das Furten mit einem Bus nicht unproblematisch sein kann, zeigen die beiden folgenden (nicht von mir stammenden) Videos:
Wir haben also den nötigen Respekt, zumal wir bereits von unserem ersten Islandurlaub her Erfahrungen mit den Problemen beim Furten haben. Doch mehrere Isländer versichern uns, dass es jetzt, zumal wenn es bewölkt ist, ungefährlich wäre. Zumindest mit unserem Auto. Also wagen wir es. Und tatsächlich, die Furten erweisen sich als leichter als gedacht. Aber wir merken auch, dass die Flussarme auf dem Rückweg am Abend mehr Wasser führen und das Furten mehr Aufmerksamkeit erfordert. Am Tage geben die Gletscher mehr Wasser ab als in der Nacht.
Sehr bald bekommen wie einen deutlichen Hinweis darauf, dass wir uns in einem der aktivsten geothermalen Gebiete Islands befinden. An der Gletscherzunge des Gígjökull warnt ein Schild vor dem Betreten der Gletschermulde. Mit dem letzten Ausbruch des Eyjafjallajökull im Jahr 2010 ist offenbar nicht nur der Gletschersee verschwunden, sondern auch giftige Gase freigesetzt worden.









In Porsmörk
Wir fahren bis Þórsmörk Basar und wollen zur Gletscherzunge Tungnakvislarjökull wandern. Da wir uns unsicher sind, wo genau die Wanderung startet, fragen wir nach, und erfahren, dass unser uns sonst so gut beratender Wanderführer veraltet ist. Nach dem Ausbruch des Eyjafjallajökull sind Brücken verschwunden, Flussläufe verändert und Wege schwerer passierbar.
Wir erfahren aber auch, dass der Eyjafjallajökull neue Highlights als Ersatz geschaffen hat: Die Nebenausbrüche Móði und Magni bei Fimmvörðuháls, der Hochebene zwischen den beiden Gletschern Eyjafjallajökull im Westen und Mýrdalsjökull im Osten. Sie sind beim Ausbruch 2010 entstanden und wurden nach den zwei Söhnen des Thor benannt. Sie liegen direkt am Wanderweg Laugavegur zwischen Þórsmörk und Skógafoss. Welche Güte der Natur!
Wir bedanken uns für den Tipp und machen uns auf die insgesamt sechsstündige Wanderung. Zunächst geht es noch einige Minuten durch ein für isländische Verhältnisse geradezu liebliches Tal am Flußbett der Krossá. Die Kraft, die die Schmelzwasser entfalten können, hatten wir in dem Film gestern gesehen. Dann steigen wir in einem Birkenwäldchen Stufen hinauf. Bald überblicken wir das ganze Schwemmgebiet der beiden Gletscher Eyjafjallajökull und Mýrdalsjökull, das Tal Goðaland.
Drei Gletscher im Blick: Mýrdalsjökull, Eyjafjallajökull, Tindfjallajökull
Die Aussicht auf das Tal und die uns umgebenden Berge wird mit jedem Schritt immer grandioser. Wir haben drei Gletscher auf einmal im Blick. Links der Mýrdalsjökull, der den Vulkan Katla, einen der aktivsten Vulkane Islands, mit seinem 750 Meter dickem Eispanzer bedeckt. Rechts der Eyjafjallajökull, dessen Name den Nachrichtensprechern solche Probleme bereitet hatte. Hinter uns der viel kleinere Tindfjallajökull.
Die Baumgrenze haben wir längst hinter uns gelassen. Tiefe Schluchten, dunkelgrüne Berghänge umrahmen unseren Weg. Wir gehen über Felsgrate, Schotterhänge und entlang von Felskanten. Bald kommen die ersten Geltscherzungen mit ihren zerklüfteten Eisfelsen in den Blick. Anfangs noch der von uns ursprünglich anvisierte Tungnakvíslarjökull, später auch der Hrunajökull. Beide sind Teile des Mýrdalsjökull.



























Am Lavafall des Eyjafjallajökull
Plötzlich stehen wir an der seit den Bildern aus dem Jahr 2010 berühmten Felskante und blicken auf die tief unter uns liegende Schlucht Hrunagil. Hier stürzte im März 2010 ein Lavafall hinab, der mit 200 metern größer als Islands größter Wasserfall war. Die Berghänge und die Lavafelder qualmen noch immer. Die schwarze Lavazunge reicht noch immer über den Kraterrand bis auf den Grund der Schlucht. Weit hinten stürzt sich ein kleiner Wasserfall auf die Lava. Darüber liegt der Gletscher. Wir können uns trotz des kalten Windes kaum satt sehen.


















Obwohl wir durch das lange Stehen und Schauen ein wenig durchgefroren sind, beschließen wir weiterzugehen. Zuerst über einen schmalen Grat, bei dem es links zur Schlucht Hrunagil hinunter geht und rechts ebenfalls einen steilen Schotterhang hinab bis in eine dunkelgrüne Schlucht. Weiter geht es über Schotter, über rutschigen Sand und über kleine Schneefelder, mitunter recht steil hinauf.
Am Vulkankegel des Eyjafjallajökull
Als wir 1044 Meter erreichen und um eine kleine Kurve biegen liegt sie plötzlich vor uns, eine lange Zunge schwarzer und noch qualmender Lava. Rechts ragt der Vulkankegel Magni empor, aus dem es ebenfalls noch qualmt. Oder ist es doch der kleinere Vulkankegel Móði? Ganz sicher sind wir uns auch heute nicht.
Über allem thronen die beiden Gletscher Eyjafjallajökull und Mýrdalsjökull. Es ist ein eigenartiger, ein gespenstisch-faszinierender Anblick. Wärme und Eis, schwarz und weiß. Der weitere Wanderweg führt mitten durch die dampfenden Lavamassen. Bei näherem Hinsehen erweisen sich die Lavamassen als erstaunlich differenziert. Zu Schwarz kommen verschiedene Rottöne und Varianten von Grau. Die Lava ist porös und zerbröckelt leicht. Sie fasst sich rau und unangenehm an.
Wir müssen leider umkehren. Es wird Zeit. Außerdem ziehen dichte Wolken heran und lassen die eigenartige Szenerie zunehmend im Nebel verschwinden. Auf dem Rückweg ist die Landschaft total verändert. Wo vorher herrliche Gletscherzungen zu sehen waren, verschwindet jetzt die mondartige Ebene, über die wir laufen, im Nichts.






































Rückfahrt von Porsmörk Basar
Irgendwann erreichen wir wieder Þórsmörk Basar. Müde und k.o. steigen wir in unseren Mitsubishi Pajero und fahren die zahllosen Furten zurück. Wieder heißt es, an das Ufer heran fahren, neben dem Allradantrieb auch das Differential zuschalten, und mit einer Mischung aus kraftvoller Langsamkeit und dem nötigen Schwung das gegenüberliegende Ufer erreichen.
Dieser Tag zwischen Feuer und Eis klingt noch den ganzen weiteren Urlaub in uns nach. Was wir für uns eher durch Zufall entdeckt haben, gilt inzwischen als DER Geheimtipp für Islandreisende. Und wer weiß, vielleicht bricht ja bald die Katla unter dem Mýrdalsjökull aus, wie so oft schon wenige Jahre nach einem Ausbruch des Eyjafjallajökull.
Morgen wollen wir zu den Westmännerinseln. Dort werden wir den Vulkan Eyjafjallajökull vom Meer aus sehen.
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