Oranienbaum – Stadt, Schloss und Schlossgarten
26. Juni 2015
Wir fahren vom Wörlitzer Park aus mit dem Rad das kurze Stück bis Oranienbaum. Auf dem historischer Marktplatz mit seinen vier Quartieren empfängt uns der schmiedeeisernem Orangenbaum, das Wahrzeichen der Stadt. Der Orangenbaum ist das Familienzeichen der Stadtgründerin und ersten Schlossherrin. Der Sockel sieht mitgenommen aus, doch die Orangen strahlen leuchtend in der Sonne. Erst später erfahren wir, dass es “nur” eine Kopie ist. Das Orginal kann im Schloss besichtigt werden.
Stadt Oranienbaum
Oranienbaum macht einen netten Eindruck. Das Gebiet um den zentralen Marktplatz wirkt merkwürdig konsturiert, was es aber wohl auch ist. Der niederländische Baumeister Cornelis Ryckwaert ließ das Schloss und auch die Stadt Oranienbaum auf geometrischem Grundriss erbauen. Gerade das macht aber auch einen großen Teil des optischen Reizes der Stadt aus:
“Das auf geometrischen Grundriss errichtete Ensemble von Stadt, Schloss und Park Oranienbaum ist heute ein seltenes Beispiel einer überwiegend niederländisch geprägten Barockanlage in Deutschland.” (Quelle: Wikipedia)
Allerdings lässt der Ortskern an zahlreichen Stellen Sanierungsbedarf erkennen. Das gilt wohl auch für das Schloss.
Schloss Oranienbaum
Das Schloss empfängt uns mit dem eigentümlichen Charme, den solchen großartigen Gebäuden häufig in der Zeit zwischen anhaltendem Verfall und einsetzender Sanierung ausstrahlen. Auch sonst beeindruckt das Schloss durch seine (zwischenzeitlich?) unterschiedliche Farbgebungen. An vielen Stellen zwar verwittertes, aber noch immer kräftiges Gelb, an anderen Schlossfassaden strahlendes Weiß.
Erbaut wurde das dreiflügelige Schloss ab 1681 bis etwa 1685 zunächst als Sommersitz für die Fürstin Henriette Catharina, Gemahlin von Fürst Johann Georg II. von Anhalt-Dessau und geborene Prinzessin von Oranien-Nassau erbaut. Bauherr war der bereits erwähnte Niederländer Cornelis Ryckwaert.
Nach dem Tod des Ehemannes wurde Oranienbaum als Witwensitz für Henriette Catharina zum heutigen dreiflügeligen Schloss umgebaut (1698 bis etwa 1702).
Oranienbaum, Oranienburg, Oranienhof und Oranienstein
Ortsnamen mit “Oranien” gibt es mehrfach in Deutschland. Sie alle gehen auf Töchter von Prinz Friedrich Heinrich von Oranien und dessen Frau Gräfin Amalie von Solms-Braunfels zurück.
Vier von ihnen bewahrten die Erinnerung an ihre niederländische Heimat durch solche Namensgebungen:
- Oranienbaum, das ursprüngliche Dorf Nischwitz, erhielt im Jahre 1673 seinen heutigen Namen von Henriette Catharina von Oranien-Nassau (1637-1708).
- Oranienburg wurde nach dem gleichnamigen Schloss benannt, dass Luise Henriette von Oranien (1627-1667) im Jahr 1652 im vorherigen Bötzow errichten ließ.
- Schloss Oranienhof war um 1669 von Marie von Oranien-Nassau (1642-1688) als Barockschloss in Kreuznach errichtet, 1689 jedoch zerstört, im 18. Jahrhundert teilweise wiederhergestellt und Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochen worden.
- Schloss Oranienstein wurde von 1672 bis 1681 als Witwensitz für Albertine Agnes von Oranien-Nassau (1634-1696) auf den Ruinen des ehemaligen Benediktinerinnenklosters Dierstein erbaut.
Die drei anderen Töchter waren bei der Geburt gestorben.
(Quelle des Bildes: Wikipedia / Fotograf: http://www.ruhr-uni-bochum.de/kgi/projekte/rezensio/orange/mijtens.htm)
„Haus des Sammlers -​ TabakCollegium†im Schloss Oranienbaum
Bevor wir den Hauptteil des Schlosses besichtigen, wenden wir uns dem (von uns aus gesehen) rechten Flügel zu. Dort gibt es seit 2014 eine – auch für Nichtraucher – sehenswerte Dauerpräsentation zur langen Tradition des Anbaus und der Verarbeitung von Tabak in Anhalt.
In einer Pressemitteilung der Kulturstiftung DessauWörlitz heißt es zum Hintergrund der Ausstellung:
“Im Laufe der Jahrhunderte nahm die Tabakproduktion in Oranienbaum einen großen Aufschwung. In ihrer Blütezeit am Ende des 19. Jahrhunderts gab es 24 Tabakfabriken mit bis zu 166 Arbeitern. Hinzu kamen noch zahlreiche Heimarbeiter, die im Nebenerwerb Zigarren rollten. In vielen Haushalten in der Region Anhalt fanden sich noch Utensilien aus der Tabak-Geschichte: Kisten und Dosen, Kontorbücher, Briefe, Fotos, sogar Gerätschaften – und vor allem Pfeifenköpfe aus Porzellan, Keramik, Holz oder Horn…
Der Besucher wird überrascht sein von einer Einrichtung, die man in historischen Schlossräumen nicht erwartet. Das wohnliche Interieur mit den einladenden Chesterfieldsofas und den unaufdringlich angebrachten und aufgestellten Sammlungsstücken – ohne Vitrinen und die üblichen musealen Raum- oder Objekttexte – schaffen eine private Atmosphäre, die der einer Sammlerwohnung entspricht. Automatisch nimmt man auf den bequemen Sitzmöbeln Platz und kann sich in exquisit gestalteten kleinen Alben in die Geschichte(n) des Oranienbaumer Anbaus und die Fabrikation von Tabak hineinlesen. Oder aber man durchstreift die Wohnung und staunt über die zahlreichen interessanten und ungewöhnlichen Exponate. Besonders die alte Schwarzküche lädt zum Verweilen ein. Im Idealfall wird hier ein Herdfeuer brennen oder gerade ein Essen zubereitet, das hier zu speziellen Gelegenheiten stattfinden kann. “
Besichtigung von Schloss Oranienbaum
Auch wer nur wenig Zeit mitbringt, sollte eine Besichtigung des Schlosses in Betracht ziehen. Man kann nicht nur den originalen Orangenbaum vom Marktplatz bestaunen.
Sommerspeisesaal mit Delfter Fliesen
Uns hat am meisten der Keller beeindruckt. Dort gibt es etwas ganz Besonderes zu bestaunen. Offenbar konnten auch schon vor der Klimaerwärmung die Sommer recht warm werden. Deshalb hatte man im kühlen Keller einen “Sommerspeisesaal” eingerichtet. Das wirklich Besondere ist aber seine Ausstattung. Ringsherum an den Wänden findet man indiviuell gestaltete Fliesen aus Delft.
Ãœbrigens: Kühl war es tatsächlich in dem Keller – trotz der sommerlichen Temperaturen draußen.
Schlossgarten Oranienburg
Nach der Kühle im Schlosskeller genießen wir die Wärme im Schlosspark. Auch wenn die Zeit langsam drängt, so machen wir doch einen kleinen Spaziergang. Auch der Park ist etwas Besonderes. Dazu noch einmal Wikipedia:
“Der einstige barocke Inselgarten wurde von 1793 bis 1797 nach den Ideen des englischen Gartenbauers Sir William Chambers zum einzigen in Deutschland noch weitgehend erhaltenen englisch-chinesischen Garten mit fünfgeschossiger Pagode, einem vom Wasser aus befahrbaren Gartenhaus (Teehaus) und mehreren Bogenbrücken umgestaltet.”
Barocke Stadtkirche Oranienbaum
Zum Abschluss besichtigen wir noch die 1712 eingeweihte Stadtkirche. Wir haben Glück. Es kommt gerade jemand, um sie aufzuschließen.
Die Kirche ist schlicht und zurückhaltend gestaltet. Besonders fallen der elliptische Grundriss und die rundum laufende Empore auf.
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